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Allergien
Mediziner wissen, dass Allergien seit den 1970er Jahren mit weiter steigender Tendenz auf dem Vormarsch sind. Man geht davon aus, dass im Jahr 2020 jeder zweite Europäer unter einer Allergie leiden wird. Betroffen sind vor allem Kinder. Jüngst testete das Robert-Koch-Institut über 17.000 Kinder und stellte bei 40 Prozent der Mädchen und Jungen eine sich entwickelnde Allergie fest: Im Blut dieser Kinder wurden Antikörper gegen die Allergie auslösenden Stoffe nachgewiesen.
Die Suche nach den Ursachen hat noch zu keinen eindeutigen Ergebnissen geführt, doch Folgendes ist klar:
- Genetisch bedingte Veranlagung: Das Allergierisiko für Kinder, deren Eltern an keiner Allergie leiden, liegt bei 15%, das von Kindern, deren Eltern beide die gleiche atopische Erkrankung haben, bei 60-80%!
- Hohe Hygienestandards, fehlende Infektionskrankheiten und warme, saubere Wohnungen führen dazu, dass sich das Immunsystem "langweilt" und deshalb auf harmlose Pollen, Milbenexkremente oder Nüsse reagiert.
- Exotische Nahrungsmittel oder neuartige chemisch-synthetische Stoffe in Luft, Wasser und Nahrungskette provozieren die körpereigene Abwehr.
- Klimawandel und Welthandel führen zur Verbreitung von hier an sich nicht heimischen Pflanzen – so genannten Neophyten – auf die unser "einheimisches" Immunsystem nicht vorbereitet ist, und auf welche es überschießend reagiert.
- Fernreisen bringen uns ebenfalls mehr und mehr in Kontakt mit uns fremden Arten und Stoffen.
- Die Komplementärmedizin (z.B. die anthroposophische Medizin) sieht im Lebensstil der westlichen Gesellschaft, der den Menschen immer stärker fordert und oft überfordert, eine weitere wesentliche Ursache: Allergien treten demnach besonders dann auf, wenn der Mensch nicht mehr in der Lage ist, sich gegen seine reizüberflutete Umwelt abzugrenzen. Wenn er die übermittelten Information, Reize und Anforderungen nicht mehr richtig verarbeiten kann und es zu einer so genannten Übernervung des Organismus und einer dadurch bedingten erhöhten Empfindlichkeit gegenüber Umweltreizen – hier: Pollen und andere Allergene – kommt.
Ein gutes Beispiel für die rasante Ausbreitung einer neuen Allergie in Folge von sowohl Klimaerwärmung als auch Welthandel liefert die Pollenallergie auf Pollen der so genannten Ambrosie bzw. Beifuß-Ambrosie: Ambrosia artemisiifolia – so der botanische Name - wurde wahrscheinlich mit Singvogelfutter eingeschleppt. In Nordamerika zu Hause, gelten dort Ambrosiapollen als der häufigste Auslöser von allergischem Asthma und Heuschnupfen. In der Schweiz und in Frankreich hat sich die Ambrosie bereits massiv ausgebreitet, die Schweiz hat ein Meldesystem eingeführt, um die Pflanze gezielt beseitigen zu können. Seit einigen Jahren ist auch in Bayern und Baden-Württemberg eine verstärkte Ausbreitung der Beifuß-Ambrosie zu beobachten, auch Brandenburg ist schon betroffen. Es steht zu befürchten, dass sie sich auch in Deutschland weiter ausbreiten wird.
Die Pollen dieser Pflanze haben ein besonders hohes Allergie auslösendes Potential. Die Pflanze kommt in unseren Breiten besonders dann und besonders lange zur Blüte, wenn warme Witterungsperioden anhalten. Also dann, wenn die Vegetationsperiode bei einem warmem Frühling zeitig einsetzt oder/und bei einem langen Spätsommer oder warmem Herbst lange Zeit anhält. Und genau dies ist im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung auch in Mitteleuropa der Fall. Schon in so manchem der letzten Winter hatten Pollenallergiker zu kämpfen: Anfang Dezember begann der Haselpollen zu fliegen und bescherte den Geplagten ungewöhnlich früh tränende Augen und laufende Nasen. Viele Menschen glaubten, sie hätten einen Schnupfen.
Normalerweise lässt sich hauptsächlich an der Zeit des Auftretens erkennen, ob die Beschwerden auf eine Allergie oder auf Viren oder andere Erreger zurückgehen, denn die Symptome sind praktisch gleich (bei Heuschnupfen ist das Sekret jedoch immer klar). Doch da in Zukunft häufiger mit ungewöhnlichen Pollenflugzeiten gerechnet werden muss, sollte bei jedem anhaltenden Schnupfen ein Arzt – am besten ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt mit einer Zusatzausbildung in Allergologie - aufgesucht werden.
Getestet wird meist zuerst mit dem so genannten Pricktest an Unterarmen oder Rücken. Dabei wird die Haut mit kleinen Nadeln angeritzt und anschließend mit Extrakten des verdächtigen Pollens beträufelt. Besteht eine Allergie, bildet sich eine deutliche rote Schwellung. Zusätzlich kann das Blut auf spezielle Abwehrstoffe des Immunsystems, sogenannte IgE-Antikörper, untersucht, eine Provokation der Nasenschleimhaut ("Allergietest in der Nase") oder auch ein spezieller Lungenfunktionstest durchgeführt werden. Erhärtet sich der Verdacht, kann der Betroffene entweder seine Symptome mithilfe von Medikamenten lindern, und aber der Allergie mit einer gezielten Immuntherapie oder Hyposensibilisierung grundsätzlich begegnen.
Das Prinzip der Hyposensibilisierung besteht darin, dem Immunsystem, welches übertrieben auf den eigentlich harmlosen Pollen reagiert, beizubringen, die Blütenstäube zu tolerieren. Die überschießende Reaktion wird letztlich wieder in Richtung einer normalen Immunantwort gebracht. Meist werden dem Allergiker dabei die Polleneiweiße, auf die er reagiert, nach und nach in immer größeren Mengen unter die Haut gespritzt. Die Therapien sind heute sehr individuell und können auf die Bedürfnisse der Patienten und den Schweregrad der Erkrankung maßgeschneidert werden. Seit einigen Jahren gibt es die Alternative der sublingualen Immuntherapie, wo die Allergene nicht gespritzt, sondern als Tropfen oder neuerdings in Form einer Tablette unter die Zunge gelegt und nach kurzer Einwirkzeit geschluckt werden. Die Behandlung erfolgt zu Hause, wo der Betroffene täglich Tablette oder Tropfen einnehmen muss – und das vier bis fünf Jahre lang. Effizienz und Verträglichkeit sind nach den bisherigen Daten gut. Das gilt auch für die Sublingualdesensibilisierung gegen Hausstaubmilbenallergene, vor allem, seitdem nicht mehr Ganzkörperextrakte dazu verwendet werden. Heute ist man hier in der Lage, das spezifische allergieauslösende Extrakt herauszulösen und nur dieses zu verabreichen. Dadurch kann man besser und höher dosieren.
Doch nicht jedem Allergiker verschaffen diese Methoden Linderung. Viele vertragen die Kur nicht einwandfrei. Die Augen tränen und die Nase läuft nach jeder Dosis, nur einige werden den Heuschnupfen nach monatelanger Therapie wirklich los. Denn in den natürlichen Pollen-Extrakten kommen die eigentlichen Wirkstoffe, die Allergene, manchmal gar nicht vor oder sie sind nicht in der richtigen Menge enthalten, in Birken und Gräsern kann der Gehalt der Allergene um den Faktor 50 schwanken, wie eine Forschergruppe herausfand. Die Natur diktiert zudem die Mischung der Allergene. Die Rezeptur kann nicht immer individuell auf den Patienten abgestimmt werden. Manchmal ist der Naturstoff-Cocktail sogar mit unerwünschten Fremdstoffen verunreinigt. Das kann Nebenwirkungen und sogar neue allergische Reaktionen auslösen.
Mehrere Wissenschaftler arbeiten deshalb an einer neuen Generation von Medikamenten: Impfstoffe mit künstlichen Pollen. Mit diesen Designerpollen sollen Allergiepatienten wirkungsvoll desensibilisiert werden, ohne dass schwere Nebenwirkungen auftreten. Man kann diese Pollen-Nachbauten offensichtlich zusätzlich so verändern, dass das Immunsystem optimal gesundet, aber der Patient selbst nicht mehr allergisch auf den Wirkstoff reagiert. Eine Firma aus Hamburg hat als weltweit erstes Unternehmen die Designerpollen von Birke und Gräsern in zwei klinischen Studien getestet. Zwei Jahre lang bekamen Allergiker regelmäßig die künstlichen Pollen oder ein Placebo gespritzt. Die Ergebnisse waren äußerst vielversprechend: Der Heuschnupfen hatte bei allen behandelten Patienten nachgelassen. Nach mehreren Monaten Behandlung tränten und juckten die Augen seltener. So brauchten die Allergiker in der Birken-Studie insgesamt 60 Prozent weniger Antihistaminika gegen die Beschwerden als unbehandelte Patienten.
Geheilt wurde in den klinischen Studien mit den Prototypen der Designer-Pollen allerdings noch niemand. Dennoch gibt man sich beim auf Desensibilisierungs-Therapien spezialisierten Pharmaunternehmen zuversichtlich: Die Zukunft würde den künstlich hergestellten Pollen-Wirkstoffen gehören, sie hätten das Potenzial zu heilen. Das Ziel seien Impfstoffe, die Allergien heilten, gleichzeitig aber selbst keine Beschwerden hervorriefen, etwa brennende Augen oder eine triefende Nase. Bis die ersten Präparate mit den neuen Impfstoffen auf den Markt kämen, würden allerdings noch einige Jahre vergehen. Schließlich sei die Entwicklung teuer und aufwändig.
Einmal ausgebrochen, lässt sich eine Allergie heute nur durch eine aufwändige Hyposensibilisierung in den Griff bekommen. Im Kampf gegen Allergien setzen Forscher deshalb auf Vorbeugung. Menschen, die noch keine Allergie entwickelt haben, könnten mit einem Impfstoff geschützt werden. Wen Heuschnupfen, Ekzeme oder Asthma schon erwischt haben, für den kommt diese Behandlung zu spät. Deutsche Mediziner an der Berliner Charité wollen deshalb in den nächsten zehn Jahren einen echten Impfstoff gegen Allergien entdecken. Ziel der Wissenschaft ist es, die fehlgesteuerten Abwehrkräfte per Ablenkung wieder auf ihre eigentlichen Aufgaben zu trimmen.
Man müsse es bis 2017 geschafft haben, eine Prävention zu finden, sonst hätte man versagt, so lautete der Tenor aus Berlin. An der Charité verfolgen die Forscher eine Studie mit genetisch belasteten Säuglingen, denen einen halbes Jahr lang bakterielle Zellwände in Tropfenform verabreicht werden. Der Zusatz dient quasi als Sparring-Partner, als Zielscheibe für die Körperabwehr des Babys. Die Hoffnung ist, dass bei den Säuglingen die Fehlreaktion des Körpers verzögert und im besten Falle verhindert wird. Wenn alle 600 Babys allergiefrei bleiben, ist der Traum vom Allergie-Impfstoff vielleicht ein Stück weit wahr geworden.
In einer randomisierten Doppelblindstudie wurde nachgewiesen, dass der Pflanzenextrakt Ze 339 - Petasol butenoate complex - zugeschwollene Nasenschleimhäute schneller und wirksamer als klassische Antihistaminika bekämpft. Die Daten lassen neben der Wirksamkeit in akuten Fällen auch einen vorbeugenden Effekt vermuten, der weiter untersucht werden soll. Der Pflanzenextrakt ist als Fertigpräparat derzeit noch nicht in Deutschland zugelassen, aber in der Schweiz zugelassen und erhältlich.
Anthroposophische Arzneimittel versuchen, durch so genannte Grenzbildung zwischen Körper und seiner Umwelt der mangelnden bzw. fehlgesteuerten Fähigkeit des Körpers, mit Reizen aus der Umwelt umzugehen, entgegenzuwirken. Hier eignet sich besonders die Zitrone als Heilpflanze.
Weitere Informationen erhalten Sie unter Heuschnupfen, Pollenallergie und Pollenflug !
Eine umfassende Beratung zum Thema "Allergien, Heuschnupfen und Asthma" gibt Ihnen gern Ihr Apotheken-Team.
Interessante Informationen bietet auch das Allergieportal unter www.stern.de/allergie.